Schon im Sommer 2021 soll in Ostdeutschland die größte Batteriefabrik der Welt entstehen. Der Multimilliardär Elon Musk verspricht, in Brandenburg 12.000 Arbeitsplätze in Teslas neuer Gigafactory zu schaffen. Während das einige feiern, fühlen sich andere an die Energiewende erinnert: Versprachen Regierung und Unternehmen nicht schon um die Jahrtausendwende, dass eine Menge gut bezahlter und sicherer Jobs entstehen würde? Der Osten wurde damals zum Labor für die Energiewende und soll es jetzt bei der Elektromobilität wieder werden.
Die Geschichte zeigt aber, dass die Menschen, die für ihren Lebensunterhalt auf einen Job angewiesen sind, immer dann das Nachsehen haben, wenn sie nicht ausreichend organisiert sind. In Ostdeutschland traf das nach 1989 in besonderer Weise zu, weil die Schocktherapie von Kohl, Waigel, Sarrazin & Co in kürzester Zeit alles privatisierte, was nicht bei drei auf den Bäumen war. Anstelle blühender Landschaften gab es beleuchtete Wiesen – brachliegende Gewerbegebiete und Straßen ins Nichts. Statt der unsichtbaren Hand des Marktes gab es den brutalen Griff der Treuhand, der knapp drei Millionen Menschen arbeitslos machte.
Klar ist, der Staatssozialismus war ein gescheiterter Versuch – ökonomisch wie politisch und ökologisch. Dennoch wurde bis zuletzt um seine Reformierbarkeit gerungen. Daraus lernen wir, dass Sozialismus nach echter Demokratie verlangt. Kein Staat, keine Partei kann dauerhaft über die Menschen hinweg entscheiden, ohne dabei auf Repressionen zu setzen.
Neben dem bundesdeutschen Erinnerungstheater um Bananen, Stasi und FKK-Strände hinterlässt die DDR einen ganzen, fast schon vergessenen Kulturraum: Menschen mit eigenen Lebensweisen, eigener Küche und über Jahrzehnte gewachsenen Überzeugungen. Dass die Einheit kein Arrangement auf Augenhöhe ist, zeigt die doppelte Abwertung, die Ostdeutsche bis heute erfahren: durch die Ungleichheit zwischen Ost und West und die zwischen Oben und Unten. Wer das nicht versteht, nimmt in Kauf, dass die AfD die angestaute Wut instrumentalisiert.
Angesichts dieser großen Herausforderungen denkt die deutsche Linke viel zu kleinlich und defensiv, wenn sie darüber streitet, ob die Tesla-Fabriken in Brandenburg erwünscht sind oder nicht, ob die E-Autos so groß sein dürfen wie Panzer oder ob von einem gewerkschaftsfeindlichen Eigentümer die Schaffung guter Arbeitsplätze erwartet werden kann. Diese Diskussion ist Ausdruck eines fehlenden linken Gegenentwurfs zu den Gigafactories des Kapitalismus, ohne den wir dazu verdammt bleiben, dem Klimawandel hilflos zuzusehen.
Nur wer eine selbstbewusste Politik für den Osten vertritt, kann ihn auch gewinnen. Wir müssen deshalb nicht gleich wieder Trabis bauen (auch wenn sie sehr schick waren), aber wir brauchen ein Wirtschaftsprogramm für Ostdeutschland, das seinen Namen verdient: große Investitionen und eine Industriepolitik, wie man sie auch in den deindustrialisierten Gebieten Westdeutschlands benötigt. Diese Ausgabe ist sicher kein fertiger Plan, aber ein Wegweiser.
»Jacobin druckt klassenkämpferische Essays und Analysen und bemüht sich gar nicht erst, seine linke Haltung hinter unverfänglichen Attributen wie kritisch oder progressiv zu verstecken; es bezeichnet sich schamlos als sozialistisch.«
»Jacobin wurde 2010 in den USA von dem damals 21-jährigen Studenten Bhaskar Sunkara gegründet und hat sich dort zu einem der einflussreichsten Meinungsmedien der demokratischen Sozialisten entwickelt, die vor allem durch Bernie Sanders enormen Aufwind bekamen und in ihren Ideen in etwa dem entsprechen, für was die Sozialdemokratie in Deutschland steht. Mittlerweile gibt es Ableger in Brasilien, in Italien und jetzt auch in Deutschland.«
»Es gibt Hipster-Magazine (marxistisch: Jacobin, zeitgeistig: Vice), die allenfalls gemeinsam haben, dass sie irgendwie gut aussehen …«
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